Alice Nilsson: Erfolgreich mit achtsamer Kommunikation

Schluss mit energieraubenden Diskussionen und endlosen Konflikten: Business und Life Coach Alice Nilsson zufolge kann achtsame Kommunikation uns allen zu mehr Lebensqualität verhelfen. Drei Säulen sollen dabei helfen.

Alice Nilsson ist überzeugt davon, dass die Art, wie wir mit uns selbst und anderen kommunizieren, in hohem Maße die Qualität unserer Beziehungen bestimmt. Für sie ist der wirksamste Schlüssel die Kunst der achtsamen Kommunikation. Denn die richtigen Worte können zum „Game Changer“ werden. Deshalb plädiert sie für ein strukturiertes Vorgehen nach klaren Regeln bei jedem Konflikt. Aber wie funktioniert achtsame Kommunikation? Wie lernt man sie? Worauf kommt es bei der Drei-Fragen Regel an? 

Die Drei-Fragen-Regel ist ein sehr praktikables und wirksames Modell. Im Prinzip geht es um drei Fragen, die man sich stellen sollte, um die Basis für ein gutes, gelungenes Gespräch herzustellen. Kurz gesagt steht im Mittelpunkt, die drei Säulen „ICH – DU - WIR“ zu ergründen. Wie das geht? Zuerst ist es wichtig, das eigene Bedürfnis zu erkennen. Im zweiten Schritt geht es darum, das Bedürfnis des Gesprächspartners zu erkennen. Der dritte Schritt schließlich zielt darauf ab, das gemeinsame Bedürfnis herauszufinden. Das legt die Basis für die Kunst der achtsamen Kommunikation.

Erste Frage: Was ist mein Bedürfnis? 

Mit diesem ersten Schritt ist es wichtig, Klarheit über die eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu finden, um für herausfordernde Gespräche vorbereitet zu sein. Das hat mit Selbstfürsorge und mit Empathie zu tun, - Empathie für sich selbst. Gerade Frauen neigen oft dazu, zwar empathisch für die Bedürfnisse anderer zu sein, aber die Empathie für sich selbst ist nicht so stark ausgeprägt. Gerade das ist hingegen die Voraussetzung für gelungene Kommunikation auf Augenhöhe. Die gute Nachricht ist: Man kann das üben. Ich frage meine Klienten meistens: Wie oft am Tag gelingt es Ihnen, inne zu halten, hinein zu spüren und zu beantworten: „Wie geht´s mir gerade jetzt, in diesem Augenblick?“ „Was triggert mich da jetzt?“ „Was will ich wirklich?“ „Was treibt mich an?“ „Was ist mein eigenes Bedürfnis in dieser Sache?“ Mit sich selbst in Kontakt kommen, statt sich zu ärgern, ruhig zu bleiben, anstatt zu beschuldigen und zu bewerten, das lernt man in diesem ersten Schritt. Denn das Erkennen und Anerkennen der eigenen Bedürfnisse und Gefühle ist die Basis für alles, - für jedes gute Gespräch. Denn wer sich selbst spürt, kann zum Dirigenten der eigenen Gefühle werden. 

Zweite Frage: Was ist das Bedürfnis meines Gesprächspartners?

Gerade wenn man es mit einem Gesprächspartner zu tun hat, der wie ein „verbaler Revolverheld“ auftritt, ist es erfahrungsgemäß schwer, empathisch zu sein. Denn diese Hitzköpfe schießen oft wild drauf los, sie attackieren, sie beschuldigen, sie schüchtern uns ein und verletzen mit ihren Worten, Blicken und Taten.

Dennoch ist es entscheidend, den oder die andere in einem Wortgefecht zu verstehen, also wirklich achtsam hinzuhören, um herauszufinden was ihn oder sie bewegt. Das ist nicht einfach, aber es geht. Das Erfolgsrezept lautet: „Übernehmen Sie Kontrolle über Ihre Emotionen! Schalten Sie vorerst einmal auf Durchzug und stellen Sie gute Fragen!“ Das ist die Chance! Denn während der „Revolverheld“ sein Pulver verschießt und seinen Ärger ablässt, nimmt man sich einen Augenblick der Klarheit und fragt sich: „Was steckt da dahinter? Was will der Gesprächspartner mir eigentlich sagen? Welches Bedürfnis steckt in Wirklichkeit hinter diesem Ausbruch?“ Dieser Augenblick der Klarheit ist die Chance: Plötzlich kann man die Situation mit anderen Augen sehen und dem Gesprächspartner bzw. der Gesprächspartnerin mit Einfühlungsvermögen begegnen. Aus dieser Perspektive ändern sich auch die eigenen Gefühle.

Wie mit aggressiven, untergriffigen Gesprächspartnern umgehen? 

Viele meiner Klienten fragen mich in solchen Situationen: „Wenn ich angegriffen werde, wie soll ich da empathisch sein und meinem Gesprächspartner mit Verständnis begegnen können? Vielmehr bin ich defensiv und erst mal baff, weil es mir in solchen Situationen jedes Mal die Sprache verschlägt. Und im Nachhinein ärgere ich mich, weil ich das Gespräch so nicht wollte.“ Nun, es scheint unmöglich und ist eine Anstrengung, aber es geht, wenn man sich das Ziel setzt, das gemeinsame Bedürfnis herauszufinden. 

Klar, dazu braucht es eine Portion Gelassenheit und Souveränität. Aber das kann man lernen und im Alltag üben. Im Prinzip geht es um ein Bewusstmachen und um Kontrolle der eigenen Gedanken und Gefühle. Wenn man das schafft, wird jeder sofort sehen, dass sich das Gesprächsklima in der Sekunde ändert. Sobald das Gegenüber das Gefühl hat, dass man sich für seine bzw. ihre wahren Bedürfnisse interessiert und wirklich verstehen will, ist er oder sie wie ausgewechselt.

Welche Bedürfnisse haben wir beide gemeinsam? 

Wer die ersten beiden Schritte gemeistert hat und die zwei Fragen zu dem ICH und dem DU beantwortet hat, kann im Anschluss einen Konsens mit dem Gesprächspartner oder der Gesprächspartnerin finden. Dafür ist die dritte Frage entscheidend: Welches Bedürfnis haben wir beide gemeinsam? 

Wer im Sinne der Drei-Fragen-Regel das eigene Bedürfnis trotz hitziger Diskussionen nicht aus den Augen verloren, und es sogar geschafft, hat das Bedürfnis des Gesprächspartners zu durchschauen, muss jetzt nur noch den dritten Schritt angehen. Dabei geht es darum, sich die Situation mit etwas Abstand quasi „von oben“ anzusehen und sich „Lufthoheit“ zu verschaffen. Das sorgt für Objektivität. 

Wer das beherzigt wird sehr schnell sehen, dass es trotz des schwierigen Gesprächsverlaufs und der Hitze des Gefechts Gemeinsamkeiten gibt. Genau diese Gemeinsamkeiten zu identifizieren und dabei anzusetzen ist die Trumpfkarte dafür, das Gespräch in friedliche Bahnen zu lenken und lösungsorientiert zu einem konstruktiven Ende zu bringen.

Die drei Säulen: ICH – DU – WIR.

  • Bei der ersten Säule, dem ICH, sowie bei der der Kommunikation mit uns selbst, geht es um die Kunst „Lufthoheit“ – also Kontrolle – über die eigenen Gefühle zu gewinnen. 
  • Die zweite Säule, das DU erfordert eine wachsame Gesprächssteuerung – auch bei heiklen Themen oder hitzigen Diskussionen. Wer das kann, erlebt ein wertschätzendes Miteinander und erfüllende Beziehungen im Privatleben und Beruf. 
  • Die dritte Säule, das WIR, also die Verbindung miteinander, ist gekennzeichnet vom Bewusstsein für kollektive Resonanz. Alles was wir denken oder tun hat eine Auswirkung. 

Foto: Robin Weigelt


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