Die Kommunikation des Wissen bedeutet Macht

Die meisten Führungskräfte möchten ihre Teams dazu ermutigen, Wissen zu dokumentieren und innerhalb der Organisation zum Wohle der vorhandenen und zukünftigen Beteiligten zu teilen. Ob Mitarbeiter das tatsächlich tun, hängt von vielen Faktoren ab. 

 Manche Mitarbeiter haben regelrecht Angst, Informationen zu teilen. Ihre Vermutung: Wenn ich den anderen mein Expertenwissen zur Verfügung stelle, bin ich nicht mehr so wichtig und werde womöglich zu einer austauschbaren Ressource. Sie fürchten, dass der eigene „Marktwert“ sinkt. Hier sind einige Möglichkeiten, Mitarbeiter trotzdem zum Wissensaustausch zu ermutigen:

1. Perspektive verändern

Tatsächlich ist es so, dass wir umso mehr an Wert gewinnen, je großzügiger wir mit unserem Wissen umgehen. Wenn niemand von der Expertise weiß, kann derjenige auch nicht als Fachmann wahrgenommen werden. Nur wer sein Wissen teilt, sorgt dafür, dass sein Wert im Unternehmen sichtbar und greifbar wird. Dadurch zeigen wir, dass wir die Person sind, die andere in der Zusammenarbeit bereichern kann. Und das spricht sich natürlich im Unternehmen herum. Der Wert steigt.

2. Die 5%-Regel

Wenn der Widerstand sehr hoch ist, lieber klein anfangen. Mitarbeiter tun sich leichter, wenn sie mit einem geringen Teil ihres Wissens beginnen können. Veröffentlichen sie erst einmal fünf Prozent davon auf der Wissensplattform, entsteht daraus oft eine Kettenreaktion: Der Mitarbeiter erlebt, wie viele Kollegen auf seine Informationen zugreifen und erhält positives Feedback.

Es werden sich andere Experten an ihn wenden, sein Netzwerk vergrößert sich, er wird zu wichtigeren Projekten hinzugezogen. Er stellt fest, wie sein Wert und seine Attraktivität für das Unternehmen zunehmen.

3. Der Zeitspareffekt

Durch das Teilen seines Wissens auf der Wissensplattform vergeudet der Experte weniger Zeit für das aufwändige Bearbeiten von Fachproblemen via E-Mail. Die Zahl der Standard-Anfragen von Kollegen wird zurückgehen oder sind schneller zu beantworten, durch den Hinweis auf die Wissensplattform. Die gesparte Zeit kann genutzt werden, um sich stärker in Projekten zu engagieren. 

4. Mit gutem Beispiel vorangehen

Bei Führungskräften werden Handlungen und Haltung intensiver beobachtet und nachgeahmt. Je offener diese also in Bezug auf die Weitergabe ihres eigenen Wissens sind, umso besser. Hilfreich ist darüber hinaus eine aktive positive Bestärkung der Mitarbeiter darin, Informationen auszutauschen, die für die Organisation von Nutzen sind. 

5. Was Mitarbeiter motiviert

Wir alle haben mehr und weniger bevorzugte Bereiche unserer Arbeit; das bedeutet, dass es bestimmte Gebiete gibt, in denen wir uns besonders motiviert fühlen. Sind diese identifiziert und gibt es Wege, dass Mitarbeiter dort mehr Energie einsetzen können, werden diese qualitativ hochwertigere Arbeit leisten. Außerdem fühlen sie sich wohler dabei, ihr Wissen weiterzugeben.

Von Vorteil ist es, wenn Mitarbeiter aktiv erfahren, wie sie dadurch die Organisation erfolgreicher machen. Ein innovativer/kreativer Vertriebsmitarbeiter könnte zum Beispiel seine Vorgehensweise dokumentieren, so dass der Rest des Verkaufsteams sich darauf beziehen und Wege finden kann, seine eigenen Ansätze zu verbessern.

6. Kollaboration statt Konkurrenz

Konkurrenz unbedingt abbauen, also lieber auf Teamziele statt auf individuelle Zielvereinbarungen und Leistungsboni setzen. Die Zurückhaltung Wissen zu teilen ist bei Mitarbeitern dann besonders groß, wenn sie völlig autonom arbeiten können. Unternehmen sollten diese Mitarbeiter also in kollaborative Aufgaben einbinden. So wird es ganz normal, Wissen zu teilen.

7. Das größere Bild zeigen

Führungskräfte sollten erklären, warum etwas getan werden muss und nicht nur, dass es getan werden muss. Was zählt ist Transparenz, d.h. dass die Mitarbeiter über den Fortschritt aller Projekte, an denen sie beteiligt sind, auf dem Laufenden sind. Wenn Menschen verstehen, wie ihre Arbeit zu einem größeren Projekt beiträgt, fühlen sie sich mehr geschätzt und sind eher bereit, ihre Ideen und ihr Wissen zu teilen.

8. Den Wissensaustausch identifizieren und lenken 

Menschen teilen ihr Wissen auf vielfältige Weise – durch E-Mails, Gespräche auf dem Flur, Messaging-Anwendungen und Meetings. Sind die Personen in der gesamten Organisation und in einzelnen Teams identifiziert, die sich für die Dokumentation dieses Wissens begeistern, kann man diese bitten, Vorschläge zu machen, wie und wo Inhalte weitergegeben werden sollten. 

9. Es leicht(er) machen

Mitarbeiter lassen sich umso leichter zum Wissensaustausch ermutigen, je besser potenzielle Hindernisse beseitigt werden. Mit einer fest etablierten Plattform für den Wissensaustausch hat jeder im Unternehmen einen zentralen Knotenpunkt, von dem aus er Inhalte hochladen kann, die für andere nützlich sind.

 Nicht jeder ist gut darin, Informationen für andere zu schreiben oder anderweitig zu verpacken. In manchen Fällen hat jemand Wissen, das so wichtig ist, dass es sich lohnt, ihm jemanden zur Seite zu stellen, der dabei hilft, es zu erschließen. Es gibt viele Möglichkeiten, dies zu tun:  ein Interview, das Zusammenfassen vorhandener E-Mails und Dokumente oder sogar das Filmen einer Demonstration.

Unternehmen und Führungskräfte, die beginnen den Wissensaustausch aktiv zu fördern, stellen schnell fest, dass viele Teammitglieder bereit sind zu helfen. Die Mitarbeiter wissen bereits, wie wertvoll es ist, von den Erfahrungen und dem Fachwissen anderer zu lernen. Sobald sie die positiven Ergebnisse der Weitergabe ihres eigenen Wissens sehen, werden sie zu begeisterten Teilnehmern in ihrer Wissensaustauschgemeinschaft.

Zur Person

Ulrike Stahl ist Expertin für Zusammenarbeit und das neue WIR im Business, Autorin und gefragte Rednerin – auf der Bühne und online. Wie geht Zusammenarbeit in digitalen Zeiten? Wie entwickeln wir eine WIR-Kultur für uns selbst, in unseren Unternehmen und Verbänden? Darauf gibt sie Antworten, die wirken. Sie ist Autorin des Buches „So geht WIRTSCHAFT! Kooperativ. Kollaborativ. Kokreativ.“ – laut Handelsblatt eines der besten Wirtschaftsbücher.

Foto: Kersti Niglas


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